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Wo ist die Gewaltenteilung in Deutschland?

Verantwortlicher Autor: D. Schwarz Berlin / Bonn, 06.11.2022, 12:20 Uhr
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Berlin / Bonn [ENA] In früheren Zeiten gab es in unserer Bundesrepublik Deutschland eine, wenn auch fragile, Gewaltenteilung. Sie beruhte offiziell auf drei Säulen. Die sogenannte Legislative, die sogenannte Judikative und die sogenannt Exekutive. Auf die Aufgaben dieser drei Gewalten, gehe ich noch später etwas ein. Dazu gesellte sich noch eine inoffizielle Gewalt, die sogenannte vierte Gewalt, die durch die freie Presse vertreten war.

Ziel einer funktionierenden offiziellen Gewaltenteilung in die drei Bereiche Legislative, Judikative und Exekutive ist es die Staatsgewalt in drei voneinander getrennte und unabhängige Machtbereiche zu unterteilen. Das diese Unabhängigkeit zum Teil sehr zerbrechlich ist, ergibt sich aus den Zuständigkeiten der Bundesregierung und des Bundeskabinetts. So können zum Beispiel das Justizministerium (Bundesministerium für Justiz) als Leiter der Justiz und das Innenministerium (Bundesministerium des Innern und für Heimat), beides sogenannte Verfassungsministerien, sowohl auf die Judikative als auch auf die Exekutive einen nicht unwesentlichen Einfluss nehmen, was grundsätzlich der Grundidee der Gewaltenteilung widerspricht.

Vereinfacht gesagt, war und ist es die Aufgabe der Legislative, die Regeln und die Rahmenbedingungen für das Zusammenleben in Deutschland zu schaffen. Dazu dienen Gesetze, die vorgeschlagen (Gesetzesinitiative), geprüft und verabschiedet werden. Dies ist Aufgabe der gewählten Regierung, vertreten durch das Bundeskabinett (Bundeskanzler und Bundesminister), den Bundestag, den Bundesrat und dem Bundespräsidenten. Das Bundeskabinett, der Bundestag und der Bundesrat sind für die Erarbeitung und die Prüfung und der Bundespräsident für die Verabschiedung neuer Gesetze zuständig. So weit so gut.

Die Aufgabe der Judikative, als die rechtssprechende Gewalt, ist es, im Rahmen der deutschen Gerichtsbarkeit, und entsprechend den geltenden Gesetzen, Recht zu sprechen. Diese Aufgabe wird in Deutschland unter andern von der Richterschaft und der Staatsanwaltschaft wahrgenommen. Dabei sollen sowohl Richterschaft als auch Staatsanwaltschaft unabhängig und frei in der Ausübung ihrer Tätigkeiten sein. Diese Unabhängigkeit aber ist durch den Einfluss der beiden Verfassungsministerien gefährdet. Leider gab und gibt es immer wieder Fälle der direkten Einflussnahme auf die Judikative durch diese Ministerien. Dies tritt insbesondere in "politischen" Fällen auf, in denen seitens der Regierung Druck auf die zuständigen Behörden ausgeübt wird.

Noch komplizierter ist es bei der sogenannten Exekutive, deren Aufgabe vereinfacht darin besteht, für die Einhaltung der durch die Legislative verabschiedeten Gesetze zu sorgen und Gesetzesbrecher der Judikative zuzuführen. Diese Aufgaben werden in der Regel von den sogenannten Vollzugsorganen wahrgenommen. Zu diesen Organen zählen z. B. die Polizei, Vollzugsanstalten oder das Finanzamt. Die Crux dabei ist aber, dass sowohl die Staatsanwaltschaft (Judikative) als auch die Bundesregierung (Legislative) ebenfalls Teile der Exekutive darstellen. Dies wiederum bedeutet, dass sowohl die Legislative als auch die Judikative großen Einfluss auf die Exekutive haben und die Unabhängigkeit der Exekutive dadurch gefährdet, oder sogar ausgehebelt ist.

In früheren Zeiten hatte sich die freie Presse als sogenannte vierte Gewalt auf die Fahnen geschrieben, solche Eingriffe und Missstände aufzuzeigen und anzuprangern. Dazu diente unter anderem auch die sogenannte Bundespressekonferenz (BPK). Die BPK ist ein von der Presse geschaffenes Instrument in der unabhängige Journalisten Mitglieder der Regierung einluden um Antworten auf oftmals unbequeme Fragen zu erhalten. Die Hausherren der BPK sind die Journalisten und die Mitglieder der Regierung werden eingeladen Stellung zu beziehen. Für die meisten Politiker war eine Einladung eher unangenehm und kaum in Politiker wäre früher, im Gegensatz zu heute, freiwillig zur BPK erschienen, um sich den Fragen der Journalisten zu stellen.

Diese Zeiten sind offensichtlich vorbei. Die BPK ist heute der verlängerte Arm der Regierung in der nur noch regierungsfreundliche Fragen erwünscht sind und gestellt werden. Journalisten die unangenehme Sachverhalte ansprechen werden entweder ignoriert, ihre Fragen nicht beantwortet oder sie werden gar von der BPK ausgeschlossen. Was ist aus der vierten Gewalt geworden? Wo sind Journalisten wie Claus Jacobi und Rudolf Augstein, die es wagen der Staatsmacht die Stirn zu bieten? Dieses Land braucht Journalisten, die kritische Fragen stellen, anstatt Hofberichterstattung zu betreiben und denen eine gute Beziehung zum Pressesprecher der Bundesregierung wichtiger ist, als ehrlichen Journalismus zu betreiben. Wo ist die vierte Gewalt geblieben?

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