Ergreifender Friedensappell von Eugen Drewermann
Steinwenden [ENA] Eugen Drewermann (Pazifist, Theologe) hielt am 21. Juni 2024 eine sehr eindringliche und mitreißende Friedensrede in Steinwenden bei Ramstein (Kaiserslautern) im Rahmen der Kampagne 'Stopp Air Base Ramstein'. "Krieg kann man nicht führen aus Verantwortung! Er ist das Prinzip der Verantwortungslosigkeit selber! Man geht nicht über Leichen, damit man dem Frieden dient! Das ist unmöglich!", lautete eine seiner Thesen.
Der Pazifist, Theologe, Psychotherapeut und Schriftsteller Dr. Eugen Drewermann brachte am 21. Juni 2024 die Zuschauer im "Friedenscamp Ramstein", die jährlich für die Schließung des größten US-Luftwaffenstützpunktes außerhalb der USA demonstrieren, von dem aus völkerrechtswidrige Drohnenmorde gesteuert werden, mit seiner sehr einfühlsamen, weisen und flammenden Friedensrede zu stehenden Ovationen und sogar einer Gesangseinlage des Refrains aus 'We Shall Overcome'. Im Folgenden werden ein paar Auszüge aus seiner historischen Rede exemplarisch veröffentlicht und die Rede ganz unten verlinkt.
"Man kann Gewalt nicht mit Gewalt besiegen. Aus dem Physikunterricht wissen Sie das: Druck erzeugt Gegendruck. Aus dem Mathematikunterricht wissen Sie: a mal a macht a Quadrat. Es wird alles schlimmer und es wird nicht abgebaut, sondern eskaliert. Warum begreifen unsere Politiker nicht einmal die Rechnungsarten für 14-Jährige aus der Schule?! Dann ist das Wort der Befreiung tatsächlich geschrieben im Neuen Testament."
"'Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen!' Das höre ich sagen seit 1917; seit Max Weber die Unterscheidung getroffen hat zwischen Gewissensethik und Verantwortungsethik. Vorweg gleich gesagt: Krieg kann man nicht führen aus Verantwortung. Er ist das Prinzip der Verantwortungslosigkeit selber! Man geht nicht über Leichen, damit man dem Frieden dient. Es ist unmöglich! Dann aber müssen wir sagen: Es hat die Bergpredigt absolut recht! Auf Gewalt darf man nicht antworten mit Gegengewalt, sondern: Überwindet das Böse durch das Gute."
"Ich sag's noch anders. Was im Hintergrund von allem steht, was wir ein Verbrechen nennen, was wir schuldig nennen, sind Prozesse, die wir nur verstehen können, indem wir uns auf den anderen einlassen; nicht bestrafen, nicht niedermachen, nicht ausgrenzen, sondern helfen. Könnte es sein, dass Khalil Gibran recht hat: 'Vielleicht ist ja ein Dieb nur ein Mensch, der hunger hat?! Vielleicht ist ja ein Lügner nur ein Mensch, der ANgst hat?!' Sollten wir nicht sogar sagen: Vielleicht ist sogar ein Mörder, nur ein Mensch auf der Suche nach einer Liebe, die er so wie nötig nie bekommen hat?!"
"Dann müssten wir das Böse überlieben. Dann hätten wir das ganze Programm der Bergpredigt! Und den Schlüssel zu der wirklichen Wendezeit vor 2000 Jahren. Mit der Bergpredigt muss man Politik machen, weil das, was sonst gemacht wird, die verwaltete Unmenschlichkeit ist! Allerdings Sie dürfen nicht mehr schauen auf die Zahlen! Der Staat verhält sich unmittelbar zur Zahl der Menge. Moral und Wahrheit verhält sich umgekehrt zur Zahl der Menge. Es gibt kein wahres Leben ohne Individuation."
"Die Angstfreiheit ist das Prinzip der Friedfertigkeit. Vom heiligen Franziskus sagt man, dass er einmal einem Ritter begegnet ist - Helm, Harnisch, Schwert und Spieß; und hat ihn lächelnd angeredet: "Mein Herr, wovor hast du so viel Angst?" Das ist das Ende der Soldateska im Munde eines Heiligen." Zum Thema Krieg und Angst erzählte Drewermann eine sehr berührende Anekdote aus seiner frühen Kindheit und versah sie mit einer sehr bemerkeswerten Deutung. Diese finden Sie am Ende seines Vortrags nach der Geburtstagsgeschenkübergabe an den 84-Jährigen (geb. 20.06.1940). Link zur vollständigen Rede: https://www.youtube.com/watch?v=DgX1Wl5zUrw