Donnerstag, 20.03.2025 06:53 Uhr

Die rauchenden Colts des digitalen Kriegers Michel Lesser

Verantwortlicher Autor: Ronaldo Goldberger Zürich, 11.03.2025, 19:07 Uhr
Nachricht/Bericht: +++ Politik +++ Bericht 1908x gelesen

Zürich [ENA] Um Juden und Israel in Schutz zu nehmen, reisst er sich nicht am Riemen, trägt an der Hüfte kein Halfter für einen Schiessprügel mit kurzem Lauf, schäumt nicht auf den Lippen und beisst nicht in ausgestreckte Glieder seiner Gegner. Die Kanonenrohre des in Zürich Wohnhaften sind der angesammelte Buchstabensalat auf der Tastatur, das wellenförmige digitale Gewebe im Cyberspace deren Abschussrampe.

Der gebürtige Belgier Michel Meir Lesser, Absolvent der Universität Antwerpen, beherrscht acht Sprachen, ist diplomierter Linguist und Übersetzer. Als passionierter Krieger, dessen Kür die schriftliche Auseinandersetzung in sozialen Netzwerken ist, verbringt er den grössten Teil seiner Freizeit in der eher unwirtlichen Welt simulierter virtueller Umgebung. Trotz hohem Aufwand, scheint er einen gewissen Genuss davonzutragen.

Im Grunde genommen kämpft Lesser gegen eine Übermacht, gegen die nicht anzukommen ist. Antijüdische Ressentiments sind dermassen im Netz verbreitet, dass ein elegant formulierter Geistesblitz so aussieht wie ein Glacéhandschuh im Boxring. Dennoch geht der digitale Krieger ohne übermässige Behutsamkeit gegen seine rassistischen Gegner vor, als ob er ihnen allein schon mit dem Vorzeigen eines Spiegels, mit dem Vorführen antisemitischer Fratzen den Schlagstock aus den Händen entwindet.

Doch wieso tut sich das ein gesetzestreuer Jude überhaupt an, sich gegen eine Horde Unwissender einsam auf dem Feld zu behaupten? Ist es talmudische Gelehrsamkeit, die Freude an der Debatte, das Wissen um die magische Kraft des weiseren Wortes, die keine Klinge zu scheuen brauchen? Lesser bemüht eine bunte Mischung aus Zynismus, Sarkasmus und Selbstironie, um seine Botschaft in die unsichtbare Öffentlichkeit der Alternativmedien zu tragen. Dabei erreicht er Tausende, die ihre Ignoranz, im besten Fall halbgares Wissen, angesichts der von ihm beigebrachten historischen, wissenschaftlichen und psychologischen Fakten übers Judentum und Israel eigentlich relativieren müssten.

Gehässige Selbstgerechtigkeit berserkerhafter Antizionisten und projizierende Anschuldigungen gegen „die“ die Welt beherrschenden Juden, die angeblich im Gazastreifen sogar Völkermord begingen, beeindrucken ihn kein My mehr. Lesser hat sich eine harte Haut zugelegt, den Humor bewahrt, und zertrümmert mit der Gelassenheit eines Talmud-Gelehrten antisemitische Versatzstücke in tausend Einzelteile. Zurück bleibt ein jüdischer Aktivist, der keine Massen braucht, um die Massen zu erreichen. Er gehört zu den wenigen, dem ungezügelt verbreiteter Antisemitismus im Netz nichts Weiteres anhaben kann; übrig bleibt die Lust, sich mit bewährtem Hauen in die Tasten menschliche Erleichterung zu verschaffen. Lessers Psyche dankt.

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