Davoser Verleihbetrieb bedient keine jüdische Kundschaft
CH-Davos GR [ENA] Vermutlich hätten es die Pischa-Bahnen in Davos lieber, wenn sie keine Negativschlagzeilen generieren würden. Doch wenn die Sage vom „Jews are News“ auch nur ein Körnchen Wahrheit in sich birgt – in den Bündner Bergen kann man ihr hautnah begegnen. Zum Beispiel, wenn ein Aushang auf Hebräisch darauf hinweist, dass „unsere jüdischen Brüder“ fortan keine Wintersportgeräte mehr ausgeliehen erhalten.
Ein jüdischer Gast wollte sich das nicht bieten lassen, musste aber gewärtigen, leer auszugehen im sportiven Verleihgeschäft, bloss weil er zur Kategorie jener touristischen Spezies zugeordnet wird, die offenbar Dreck am Stecken hat bzw. sich nicht an Regeln zu halten scheint. Er wird eine Anzeige bei der Polizei einreichen. Bestrafe einen Juden, und erziehe hierfür viele seiner Glaubensgenossen, scheint die ziemlich krass ausgelebte Devise der Pischa-Bahnen zu sein, wenn unbescholtenen Gästen jüdischer Provenienz vorenthalten wird, was allen anderen zusteht.
In einer Verlautbarung beklagte sich das Bergrestaurant Pischa über Verhaltensweisen ihrer jüdischen Gäste, die nicht als Einzelfall abgetan werden könnten. Vielmehr handle es sich um tagtägliche Erfahrungen. Nun ist guter Rat teuer, inwieweit man drei bis viertausend jüdische Gäste aus aller Welt, die von Saison zu Saison einen ordentlichen Batzen in die Tourismusindustrie spülen, bei ordentlicher Laune halten kann, wenn die Einheimischen, die Kurdirektion sowie der im jüdisch geprägten Kreis 3 von Zürich aufgewachsene Landammann Philipp Wilhelm (SP) sorgsam politisch lavieren müssen, da ja die Meinungen über das Benehmen der an ihrer Kleidung äusserlich erkennbaren jüdischen Menschen orthodoxer Prägung so divergent sind.
Dass man sie alle in einen Topf wirft, sanktioniert und diskreditiert, wird wohl nicht der Weisheit letzter Schluss bleiben können. Dass eine antisemitische Grundstimmung mitschwingt, wird schwer zu entkräften sein. Wieso müssen Juden gegen Vorlage einer Identitätskarte 300 Franken Depot hinterlegen, wohingegen „normale“ Kunden bloss deren zwanzig? Gemäss Aussage eines anonym bleiben wollenden Touristen intervenierte die Davoser Polizei beim Verleihgeschäft, man möge in Umgehung der betriebsintern erlassenen Diskreditierungspolitik so verfahren.
Hat die Davoser Tourismusbürokratie einen Leitfaden entwickelt, wie man Juden erkennt, sodass man sie „standesgemäss“ diskreditieren darf? Darf man als approbierter Jude eine Gegenklage einreichen, sollte man nicht benachteiligt worden sein bei den Pischa-Bahnen, obwohl man jüdisch aussieht? Fragen über Fragen, die einer rationalen Antwort harren, zumal Davos „seine“ Juden aus aller Welt nicht so schnell loswerden wird, ist doch – selten genug – die jüdische und koschere Infrastruktur – bestehend momentan aus drei Koscherhotels mit rituellem Tauchbad, Synagogen sowie Lebensmittelgeschäften mit koscher zertifizierter Ware – mehr als hinreichend, sogar ideal.
Ausserdem lockt die Naturschönheit der Region, an der antijüdische Ressentiments auch fürderhin stoisch abperlen dürften. Video-Sequenz zum antisemitischen Aushang beim Verleihgeschäft für Wintersportartikel der Pischa-Bahnen: https://drive.google.com/file/d/1yEKrVBEP-1YTLUTbiuMSs5Hazuh6hRlz/view