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Wittelsbacher Bilderwelten: Historie und Fotografie

Verantwortlicher Autor: Michael Fuchs Berlin, 11.09.2023, 21:31 Uhr
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Das Haus Wittelsbach und die Fotografie: Eine faszinierende Symbiose
Das Haus Wittelsbach und die Fotografie: Eine faszinierende Symbiose  Bild: Fotos: Allitera Verlag, Montage: Michael Fuchs

Berlin [ENA] Das Buch "Das Haus Wittelsbach und die Fotografie" von Bernhard Graf ist eine faszinierende Verbindung aus brillanter Recherche und einer eindrucksvollen Bildauswahl. Es bietet die Symbiose zwischen der Geschichte der Wittelsbacher und der Entwicklung der Fotografie.

Das Buch kombiniert faszinierende Bilder mit gründlich recherchierten Texten. Historisch Interessierte und Ludwig II.-Enthusiasten entdecken hier neue Seiten dieses modernen Königs. Das Buch beleuchtet die Geschichte der Wittelsbacher und die Entwicklung der Fotokunst im Zusammenhang mit dieser Dynastie. Graf präsentiert mehr als einen Ausstellungskatalog, mit Vorworten von Herzog Franz und Herzog Max Emanuel in Bayern. Die künftige Ausstellung wird von Hans-Günther Kaufmann kuratiert, während Graf die inhaltliche Betreuung übernehmen wird. Dieses Buch verbindet eindrucksvoll die Verbindung von Geschichte und Fotografie bei den Wittelsbachern.

Buchtitel

Der Autor, Bernhard Graf, hat bereits in früheren Werken bewiesen, dass er die scheinbar trockene Historie lebendig gestalten kann. Er extrahiert individuelle Geschichten aus Daten, Fakten und Bildern, ohne den wissenschaftlichen Ansatz zu vernachlässigen. Dies gelingt ihm auch in seinem aktuellen Buch "Das Haus Wittelsbach und die Fotografie", das auf 224 Seiten den Weg von der Malerei zur Fotografie verfolgt und die Bedeutung der Fotografie für die Geschichte und Politik der letzten 200 Jahre betont. Graf hebt hervor, dass die Erfindung der Fotografie und des Films einen erheblichen Einfluss auf den Bekanntheitsgrad der Wittelsbacher hatte, insbesondere im Zusammenhang mit König Ludwig II. und Kaiserin Sisi.

Das Buch beleuchtet die Verwendung von Bildern für politische Zwecke, die Rolle der Hoffotografen wie Josef Reitmayer und die Bedeutung von Tegernsee als Zentrum der Fotografie. Es zeigt auch, dass Fotografien nicht nur objektive Wahrheiten zeigen, sondern gezielt verwendet werden, um bestimmte Botschaften zu vermitteln, wie im Fall von Kaiserin Sisi und Prinzregent Luitpold.

Graf untersucht, wie die bayerische Herrscherfamilie mit den Massenmedien in Berührung kam und wie dies ihr Leben beeinflusste. Er erzählt von den ersten Hoffotografen und ihren Vorgängern, den Hofmalern, und betont, dass das Erstellen von Bildern damals exklusiv dem Adel vorbehalten war. Das Buch hebt auch die ruhigere mediale Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts hervor, in der es keine sensationslüsternen Fotoreporter gab, die die Royals belästigten.

Der Autor zeigt in zwölf Kapiteln die beeindruckende Geschichte der Fotografie im Kontext des königlichen Hauses Wittelsbach. Er beginnt mit einer Darstellung der frühesten Fotografien und des Steindrucks, zeigt das erste Foto von 1826, das als eine Art Wunder aufgenommen wurde und die ersten Aufnahmen von Schloss Nymphenburg im Jahr 1839. Immer wieder kommt er dezent auf die technischen Seiten zurück, indem er z. B. die camera obscura und die Daguerreotypie vorstellt. Im vierten Kapitel taucht Graf in die Welt der Fotografen Franz Seraph Hanfstaengl und Joseph Albert ein, die bedeutende Porträts von König Ludwig II. anfertigten und Fotografien als Repräsentations- und Geschenkartikel produzierten.

Auch die faszinierenden Aspekte von Fotomontagen und Fälschungen dieser Zeit werden beleuchtet. Bekannt ist die Montage der Mitglieder des Hauses Wittelsbach (Linien königliche “von” und herzogliche “in”) von 1862/63 “nach dem Leben fotografiert und zusammengestellt". Besonders spannend ist die Darstellung von Ludwig II.'s zunehmendem Interesse an der Fotografie, das er autodidaktisch entwickelte. Graf zeigt, wie Ludwig II. die Fotografie nutzte, um sich selbst und seine Ideen zur Errichtung seiner "poetischen Zufluchtsorte" zu visualisieren. Durch großzügige Darlehen förderte Ludwig ganz konkret die Entwicklung der Fotografie. "Photographieren (war) seine Lieblingsbeschäftigung" und auch das Entwickeln begeisterte ihn.

Einblick ins Buch

Die weiteren Kapitel befassen sich mit den technischen Fortschritten in der Fotografie, den Brüdern Lumière und der Fotografie im 20. Jahrhundert. Sie bieten einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung der Fotografie und deren Einfluss auf die Wittelsbacher Familie bis zum Tod von Ludwig III. im Jahr 1921. Insgesamt spannt Graf einen beeindruckenden Bogen zwischen der europäischen und bayerischen Fotografieentwicklung und der teilweise ambivalenten Haltung zur neuen Technik. Die ersten Urheberrechtsansprüche gab es übrigens schon recht früh, aber erst 1876 wurden konkrete Rechte auf Fotografien erweitert.

Das Buch übertrifft die Erwartungen eines gewöhnlichen Bildbands und enthält unveröffentlichte Fotografien und faszinierende Geschichten von Mitgliedern der bayerischen Herrscherdynastie. Es ist für Spezialisten und all jene gedacht, die sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen möchten. Im Gegensatz zu anderen Biografien über die bayerischen Könige setzt dieses Buch einen neuen Schwerpunkt und wirft einen bislang wenig beachteten Blick auf die Rolle der Fotografie als Mittel zur Selbstdarstellung und Imagepflege, aber auch Hobbies der bayerischen Herrscher.

Der Autor taucht tief in diese Fotografie-Ära ein und stellt herausragende Arbeiten vor. Die ersten Fotografen schufen nicht nur schön arrangierte Aufnahmen, sondern echte Kunstwerke, die die königliche Familie in repräsentativem Licht darstellten. Der Bildband beleuchtet auch die Entwicklung der Fotografie von der Lithografie bis zur Kollodium-Photographie. Der Bildband ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Biografie von König Ludwig II., sondern auch als ein Werk, das seinen Einsatz für moderne Technologien und die kreative Nutzung der Fotografie zur Illustration seiner Gedanken und Fantasie verdeutlicht.

Es eröffnet faszinierende Einblicke in die vielschichtige Persönlichkeit dieses modernen Königs aus dem 19. Jahrhundert. Abschließend sei erwähnt, dass die geplante Ausstellung, die dem Buch folgen sollte, laut Aussage des Verlags leider nicht wie geplant dieses Jahr stattfinden wird. Sie soll aber, wenn ein passender Ort gefunden ist, schon bald nachgeholt werden. Der Bildband ist ein Vorgeschmack, aber auch ohne Ausstellung eine Delikatesse. Weitere Informationen zum Thema auf www.Ludwigiana.de

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