Die Chagall-Fenster in der Kirche St. Stephan in Mainz
Mainz [ENA] Marc Chagall (1887-1985), Moishe Shagal ist sein jüdischer Name, wurde in Russland geboren. Verfolgung, Flucht und Exil bestimmen die 30er und 40er Jahre von Chagall. Sein ganzes Leben war geprägt von seiner Kindheitserinnerung an seine russische Heimatstadt Witebsk, die im Krieg zerstört wurde.
Zeitlebens hatte Chagall eine tiefe Sehnsucht nach seiner verlorenen Heimat. Nach dem Krieg zeigte Marc Chagall Optimismus. Marc Chagall lebte ein Leben im Exil. Flucht und Vertreibung prägten sein Leben. Die erste Flucht unternahm er 1922 aus Russland nach Berlin, 1923 nach Paris und 1941 nach USA. Marc Chagall kehrte niemals zurück nach Deutschland. Aber er hatte die Idee, in einer deutschen Kirche die biblischen Botschaften von Moses, Abraham, Isaak und Jakob in Form von farbigen Kirchenfenstern zu gestalten. Jesus war ein Jude so wie er selbst. Der Gott von Abraham ist der Gott von Jesus Christus. Das, was die Christen und die Juden verbindet, ist derselbe Gott. Das sollte nie wieder vergessen werden.
Im Sinne der Solidarität unter den Gottgläubigen schuf er die Fenster. Er wollte damit ein Symbol des Friedens und der Versöhnung zwischen den in den Kriegsjahren verfeindeten Deutschen und Franzosen und zwischen den Juden und den Christen künstlerisch schaffen. Marc Chagall schuf das erste Fenster, als er 89 Jahre alt war. Die Motive sind aus dem Alten Testament entnommen. Das ist die überlieferte Textquelle sowohl für die Juden als auch für die Christen. Überwältigend ist das Licht, das helle Bau im Ostchor der Kirche. Es wird erzeugt durch das Sonnenlicht, das durch die blauen Fenster von Chagall in die Kirche einstrahlt.
Die drei Fenster im Ostchor der katholischen Kirche St. Stephan in Mainz sind unter diesen Titeln erschaffen: „Vision vom Gott der Väter" (1978), „Vision der Heilsgeschichte" (1979) und „Lob der Schöpfung" (1981). Zwei Motive sind hier erwähnt. Abrahams Fürsprache für Sodom. Da wandten sich die Männer von dort ab und gingen nach Sodom, aber Abraham blieb vor dem HERRN stehen. Da trat Abraham näher und sagte: Wenn es in der Stadt fünfzig Schuldlose gibt, willst du dann den Ort wegfegen und ihn nicht verschonen um der fünfzig Schuldlosen willen, die darin sind? Das sei dir vergönnt, so etwas zu tun, die Schuldlosen mit den Schuldigen zu töten, so dass es den Schuldlosen wie den Schuldigen ergeht!
Angenommen, zehn Schuldlose werden dort gefunden. Der HERR antwortete: Um der zehn willen werde ich sie nicht zerstören. Und der HERR ging seines Weges, als er fertig mit Abraham geredet hatte, und Abraham kehrte an seinen Ort zurück. Aus dem Buch Genesis 18 (gekürzt). Die Erschaffung der Welt. Nun wollen wir Menschen machen, ein Abbild von uns, das uns ähnlich ist! Sie sollen Macht haben über die Fische im Meer, über die Vögel in der Luft, über das Vieh und alle Tiere auf der Erde. und über alles, was auf dem Boden kriecht. So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und als Frau. Genesis 1.1.
1985 (kurz vor dem Tod von Chagall) wurden weitere Fenster im Quergebäude etabliert. Sie haben keine Themen oder Motive, einzig die Lichteinstrahlung im Querhaus und die atmosphärische Vorbereitung auf die Hauptfenster im Ostchor waren die Beweggründe. Die Glasfläche aller neun von Marc Chagall entworfenen Fenster im Ostchor und im Querhaus beträgt insgesamt 177,6 qm. In der Kathedrale in Reims gibt es ebenso Chagall-Fenster. Am 8. Juli 1962 besiegelten in der Kathedrale von Reims de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer die Wiederversöhnung Frankreichs mit Deutschland. Die Chagall-Fenster in Mainz sind während den Öffnungszeiten der Kirche St. Stephan zu besichtigen, Kleine Weißgasse 12, 55116 Mainz.