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Besser schreiben

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Frankfurt am Main, 21.07.2024, 12:11 Uhr
Fachartikel: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 6290x gelesen
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Tastatur   Bild: Kurt Lehberger

Frankfurt am Main [ENA] Schreiben über etwas bedeutet, Inhalte so zu vermitteln, dass sie erstens gelesen werden, zweitens inspirieren, drittens zum Nachdenken und Handeln bewegen und viertens in Erinnerung bleiben. In einer medialen Welt ist es wichtig, die Regeln des Spiels zu verstehen.

Ich bediene mich dreier Autoren, die erfolgreich in ihrem schriftstellerischen Schaffen waren und uns wesentliche Hinweise zum professionellen Schreiben geben. Es sind dies: Freeman Tilden, David Hume und Ernst Hemingway. Freeman Tilden berichtet von seinen Erfahrungen, Objekte für die Besucher eines Naturparks zu interpretieren. David Hume beschäftigte sich eingehend mit den Eindrücken und wie diese in der menschlichen Verfassung die größte Wirkung erzielen. Zuletzt erwähnt wird Ernst Hemingway, der einen minimalistischen Ansatz wählt und damit erfolgreich wurde.

Freeman Tilden formuliert in seinem Buch von 1957 „Interpreting Our Heritage“ folgende Anregungen: Inspiriere und provoziere, anstatt zu belehren! Öffne den Weg zu einer tieferen Bedeutung! Wandele eine Erscheinung in eine Erfahrung um! Finde das universale Thema, das verbunden werden kann! Wenn wir über eine Sache berichten, die eine tiefere Bedeutung haben kann, sollten wir Gefühle wecken, Werte ansprechen und ein universales Thema damit assoziieren. Für die soziale Medien bedeutet das, ein Bild zu posten, das die Aufmerksamkeit erweckt und einen Text dazu zu schreiben, der die tiefere Bedeutung zu dem Sachverhalt vermittelt.

Die Wirkungen sollen sein: Inspiration, Nachdenken, Handeln, ggf. Weiterleiten (sharen) oder Liken (den Wert des Posts im Netz erhöhen). Nach Freeman Tilden steht die Interpretation im Mittelpunkt: „Interpretation ist Bildungsarbeit, die anstelle der bloßen Vermittlung von Faktenwissen darauf abzielt, Bedeutungen und Zusammenhänge anhand von Originalgegenständen, durch unmittelbare Erfahrung und mit veranschaulichenden Mitteln zu enthüllen.“ David Hume schreibt in „Enquiry Concerning Human Understanding“ (erschienen 1748), dass ein Eindruck vorliegt “wenn wir eine Leidenschaft oder irgendeine Gemütsbewegung empfinden oder wenn uns unsere Sinne Bilder von äußeren Gegenständen liefern”. Eindrücke sind “klar und gewiss”.

Er unterscheidet drei Arten von Eindrücken, die uns bewegen. Erstens die Ähnlichkeit oder Gemeinsamkeit (resemblance). Betrachten wir ein Bild, erkennen wir Objekte. Diese sind ähnlich zu den von uns bereits erfahrenen Eindrücken. Zweitens die Berührung in Raum und Zeit. Sie vermittelt uns Nachbarschaft oder Zusammengehörigkeit (contiguity). Betrachten wir ein Bild eines Zimmers, fragen wir uns, welche anderen Zimmer anschließen. Drittens die Kausalität, die Ursache und Wirkung (cause and effect). Sehen wir ein Bild mit einem Menschen und einer Wunde, so denken wir an den Schmerz, den der Mensch haben muss. Wir verknüpfen Ursache und Wirkung.

Aus den Eindrücken entwickeln wir Ideen. Ein tugendhaftes Pferd ist vorstellbar, weil wir die Tugend und ein Pferd kennen. Wir können diese Ideen miteinander verbinden. In der Anthropologie sind uns zwei menschliche Phänomene bekannt, die allen Menschen bedeutsam sind: das Streben nach Glück und die Empathie. Das führt uns zu den Universalien, die die Eindrücke verständlich machen. Das universale Thema ist eine Idee, die jeder Mensch, unabhängig von Kultur, Ort, Zeit kennt und versteht. Das sind beispielsweise Heimat, Geborgenheit, Familie, Sicherheit, Liebe, Scham, Angst, Gewalt, Gier, Leidenschaft, Freiheit, Gemeinschaft, Religion, Schönheit. Bilder können leicht mit den Universalien assoziiert werden.

Wir können uns bildhaft gut vorstellen, wie wir in einer Gemeinschaft Geborgenheit, Wärme und Schutz erleben. Bilder mit Mutter und Kind, lachende Menschen, weinende Menschen, Geburtsschmerz, Hunger, Durst, die Schönheit der Natur, schöne Musik usw. lassen sich gut darstellen. Andere Ideen wie Gerechtigkeit oder Ehrlichkeit sind zu abstrakt, um mit universalen Bildern assoziiert zu werden. Das universale Thema bildet den Rahmen (Framing) und verstärkt die Aussage, verleiht dem Thema Bedeutung (nach Hume: Ähnlichkeit, Nachbarschaft, Ursache u. Wirkung).

Ein Beispiel: ein Bild eines verwundeten Kindes vor den Trümmern eines gerade bombardierten Krankenhauses in der Ukraine. Ähnlichkeit – wir empfinden den Schmerz, weil wir Empathie haben, Nachbarschaft: Ukraine ist in Europa, Ursache/Wirkung: wäre das Krankenhaus nicht bombardiert worden, wäre das Kind nicht verwundet. Das Bild und der Text sollen etwas bewegen, d.h. wir möchten eine Handlung bewirken, beispielsweise um Spenden bitten oder das verwundete Kind in eine Klink nach Deutschland bringen. Das universale Thema stellt die Verbindung mit den „Sinnen“ her, d.h. sowohl das Herz (Empathie) als auch der Verstand (Ursache/Wirkung) werden angesprochen.

Zum Schluss noch die Hinweise, die uns Ernst Hemingway gibt, um so zu schreiben, dass es Freude macht, den Text zu lesen. Er empfiehlt, wie für einen Fünftklässler zu schreiben, d.h. einfache, kurze und klare Sätze zu formulieren. Der Text muss gut lesbar sein, also keine komplizierte Grammatik oder schwerverständliche Wörter enthalten. Starke Adjektive sind wichtig, um komplexe Charaktere und Situationen zu beschreiben.

Hemingway konzentriert sich auf das unmittelbare Geschehen. Seine Handlungen spielen in der Gegenwart. Er spickt die Geschichte mit Details, die ihre Vergangenheit enthüllen. Alle Sätze oder Absätze, die für den Fortgang der Handlung nicht unbedingt erforderlich sind, sollten gestrichen werden. Die Einfachheit ist der Schlüssel. Der Leser*in ist in der Lage, seine eigene Fantasie zu entwickeln. Dazu reicht eine Anregung.

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