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Ausstellung "Casablanca Art School" in der Schirn

Verantwortlicher Autor: Kurt Lehberger Frankfurt am Main, 25.09.2024, 18:03 Uhr
Fachartikel: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 2439x gelesen
 Ausstellungseingang
Ausstellungseingang   Bild: Kurt Lehberger

Frankfurt am Main [ENA] Die Ausstellung zeigt die Entwicklung der Kunsthochschule ab den 60er Jahren zu einer neuen, postkolonialen und modernen Institut für Kunst. Marokko errang 1956 seine Unabhängigkeit. Die französischen Kolonialmächte hatten bisher die Politik, Wirtschaft und die Kunst bestimmt.

Die Hochschule für Kunst in Casablanca, die unter der Kolonialherrschaft Einheimische, also Marokkaner*innen, und Frauen von dem Kunststudium ausschloss, änderte die Richtung hin zu Dekolonisierung und Demokratisierung. Im Jahr 1960 wird der erste marokkanische Student zugelassen. 1962 wird Farid Belkahia der erste marokkanische Direktor der Hochschule. Er und seine zwei berühmten Künstler - Mohammed Chabâa und Mohamed Melehi - bilden den Kern der Hochschule. Sie setzen eine demokratische und partizipative Strategie um. Belkahia öffnet die Schule für marokkanische und weibliche Studierende. Inspiriert von den Ideen des Bauhauses in Dessau wird das Verhältnis zwischen Kunst, Handwerk, Design und Architektur im freien Marokko neu bestimmt.

Was zeichnet die Casablanca Art School aus? Die Kernelemente sind im Folgenden aufgeführt. Das traditionellen Erbes der ethnischen Gruppen in Marokko vor der Kolonialzeit wird nun in die Kunst einbezogen. Die abstrakte Kunst integriert arabische und Amazigh-Traditionen. Sie öffnet sich für kunstvolle Teppiche, Schmuck, Kalligrafie und Deckenmalereien, die in der Welt der Berber über tausenden von Jahren angefertigt wurden. In den Kunstwerken werden Elemente des afrikanischen, islamischen, mediterranen und amazighischen Erbes sichtbar. Die gezeigte Kalligrafie, die dekorativen Symbole und geometrische Muster haben eine spirituelle Bedeutung. Sie werden mit regionalen Materialien wie Kupfer, Leder, Holz und Kamel- u. Schafswolle angefertigt.

Ab 1968 entsteht die "neue Welle" in der marokkanischen Kunst. Die Arbeiten sind eine Synthese aus afro-amazighischen Einflüssen und Ausdrucksformen der Moderne. Farbige und einfache Formen zeichnen den Stil aus. Die Kunst wird nun in den Alltag integriert. Die Gemälde sind auf öffentlichen Plätzen und in den Straßen ausgestellt. Die neue Architektur und die Wand- und Deckenmalereien bestimmen die Innenausstattung von zahlreichen öffentlichen Gebäuden und von neu gebauten Fabriken, Krankenhäuser, Universitäten, Ferienparks und Hotels. Ausstellungen werden organisiert, die außerhalb des geschlossenen Raumes den Menschen gezeigt werden.

Die Ausstellung "Présence Plastique" präsentierte zum ersten Mal 1969 Gemälde von den Studiereden und Lehrern*innen der Kunsthochschule Casablanca an öffentlichen Plätzen. Die Kunstschaffenden zeigten Solidarität mit den arabischen Völkern und unterstützten die Freiheitsbewegungen wie z.B. die Unterstützung des chilenischen Volkes gegen die Militärdiktatur von Pinochet, der Menschen im Bürgerkrieg in Angola sowie der palästinensischen Bevölkerung. Die Kunsthochschule setzte auf Kollektives Arbeiten. Die Räume sind gefüllt mit Kunstschaffenden, die miteinander diskutieren und sich gegenseitig unterstützen. Sie entfernen sich von der einsamen Staffeleimalerei und bevorzugen nun das Arbeiten in Gruppen.

Gemeinsam konzipieren und realisieren sie neue Kunstprojekte. Die Kunst erweitert sich durch die Einbeziehung des Kunsthandwerks, neues Design in der Architektur, Fotographie und Filmkunst. Beispiele hierzu: Mohamed Melehi kombinierte die Malerei mit Collagen und eröffnete ein Fotoatelier. Mohammed Chabâa spezialisierte sich auf Dekoration, Bühnenbild und moderne Kalligrafie und unterrichtet diese neuen Fächer. Das jährliche internationale Kulturfestival „Asilah Moussem Culturel“ wurde 1978 von Mohamed Benaïssa und Mohamed Melehi in ihrer nordmarokkanischen Heimatstadt Asilah in Zusammenarbeit mit Toni Maraini gegründet.

Organisiert wurden OpenAir-Ausstellungen von Gemälden und Wandmalereien, Skulpturen und Keramiken sowie Vorträge, Theateraufführungen, Konzerte und Workshops für Kinder. Das Festival existiert noch heute. In der öffentlich und kostenfrei zugänglichen Rotunde vor der SCHIRN in Frankfurt am Main werden drei Filme der Videoserie "School of Walking" (2023) der Künstler*innen Liesbeth Bik und Jos Van der Pol gezeigt.

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