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SocialTV in schwierigen Zeiten. Wetten, daß es weitergeht

Verantwortlicher Autor: Gerhard Bachleitner München, 07.06.2020, 13:00 Uhr
Kommentar: +++ Internet und Technik +++ Bericht 11405x gelesen
So idyllisch stellt man sich Fernunterricht bei Sofatutor vor (Referat Stephan Bayer)
So idyllisch stellt man sich Fernunterricht bei Sofatutor vor (Referat Stephan Bayer)  Bild: Referent

München [ENA] Der 9. Social TV Summit, den die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) Ende Mai ausrichtete, unterlag noch dem Corona-bedingten Versammlungsverbot und konnte daher nur virtuell, als Videokonferenz über das Internet, und in reduziertem Umfang stattfinden.

Im Vorfeld hatte die BLM dieses virtuelle Konferenzformat schon geübt, mit zwei "Digitalks", die eng auf das Thema "Medien in Zeiten von Corona" fokussiert waren. So zeigte man sich beim Summit gut vorbereitet, und der agile Moderator M. Praetorius kam mit der veränderten Konstellation auch mühelos und virtuos zurecht. Die Vortragsfolge war allerdings auch stark gekürzt worden, auf zwei Stunden, denn erfahrungsgemäß sind Videokonferenzen wesentlich anstrengender als Vorträge im realen Raum. Vielleicht war auch die Perspektive auf das "Leben danach" noch nicht deutlich genug sichtbar und die Okkupation durch die Maßnahmen der Pandemiebewältigung noch zu stark.

Im Hintergrund der Referate schwang immer noch die Betroffenheit durch den erzwungenen Abbruch vieler Geschäfts- und Kommunikationsprozesse mit, obwohl natürlich eine derzeit sehr geläufige These besagt, daß das physische Kontaktverbot einen enormen Schub für die hierzulande vielfach zu träge verlaufende Digitalisierung mit sich bringe - "Veränderungen von Jahren komprimiert in Monate", wie B. Gugel in seinem Eröffnungsvortrag sagte. Den digitalen Medien könnte eigentlich nichts Besseres passieren, als quasi lebenserhaltende Bedeutung zu bekommen.

Man hat aber nicht den Eindruck, daß dezidierte virtuelle Welten wie einst Second Life heute vermißt würden, und auch die Möglichkeit, durch VR das Präsenz- und Immersionserlebnis zu verstärken, ist offenbar nicht in auffallendem Maße genutzt worden. Vielleicht ist diese Technik doch noch zu komplex und aufwendig, um ad hoc in operativem Betrieb eingesetzt werden zu können. Daß digitale Lernplattformen von dem verordneten Fernunterricht (neudeutsch "Home-Schooling") profitieren, kann nicht verwundern. Stephan Bayer, dem Gründer und Geschäftsführer von Sofatutor in Berlin, verdankten wir genauere Einblicke in dieses Geschäftsmodell.

Dieses Unternehmen ist schon seit etlichen Jahren mit der Produktion kleiner Lernvideos befaßt und bietet im Abo (20 Euro/m) auch Nachhilfe an, für die bundesweit Lehrer engagiert sind, die dem Schüler per Videogespräch helfen. Die gegenwärtige Krise habe die Nachfrage bei Sofatutor verfünffacht, erklärte Bayer, und unter den Interessenten seien auch ganze Schulen und Lehrerkollegien. An didaktischer Kompetenz fehlt es dem Unternehmen nicht, weil man es nicht bei den abrufbaren Lernvideos beläßt, sondern sie in großem Umfang mit interaktiven Übungen hinterlegt, die auch detailliert mit dem jeweiligen Video verknüpft sind. Auf 5 min. Video kommen 45 min. Übungen.

In gut bekanntem Fahrwasser bewegten sich die anderen Referate. Ein neuer Euphemismus geht unter Werbetreibenden und Medienverantwortlichen um, "Growth Hacking". Das ist im Wesentlichen Wachstum mit allen Mitteln, also eine amerikanische Seifenblase. M. Umlandt, ehemals "Head of Growth DroneChampionsLeague" stach hinein, und es blieb außer einem feuchten Traum nichts übrig. Th. Elstner schilderte, wie er seines Vaters mediales (Arbeits-)Leben in die sozialen Netzwerke hinein "verlängern" konnte, nachdem es aus Altersgründen von seinen bisherigen Arbeitgebern rigide beendet worden war.

Der Dauerbrenner 'Zukunft des Linearen Fernsehens' wurde anhand einer Studie von Th. Hennig-Thurau, Professor für Marketing & Medien an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, aktualisiert. Darin sah es für die traditionellen Linear-Fernsehanbieter nicht gut aus. Der Zuspruch, den unter den Streaming-Neulingen vor allem Netflix in verschiedenen Sektoren erhält, wirkt einigermaßen irritierend. G. Modenbach von SevenOne Media und Mitglied im Aufsichtsrat der AGF Videoforschung bemühte sich im Dialog, die trüben Aussichten für sein Unternehmen und seine Branche zu relativieren, doch vollends überzeugen konnten seine Selbstermutigungen nicht.

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