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116117 - Die Nummer mit Kummer 12.03.2025

Verantwortlicher Autor: Uwe Hildebrandt Niedersachsen, 12.03.2025, 17:06 Uhr
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Termine beim Facharzt für MRT / CT gefällig ? Ja, so in 6 Monaten.
Termine beim Facharzt für MRT / CT gefällig ? Ja, so in 6 Monaten.   Bild: SAMUEL GABRIEL / Pixabay.de

Niedersachsen [ENA] Wer kennt das nicht ? Sie brauchen einen Termin bei einem Facharzt, den sie ja ohne Überweisung direkt buchen können. Doch als die Mitarbeiterin des Arztes ihnen den vermeintlich nächsten Termin nennt, fallen sie vom Glauben ab: 3 Monate Wartezeit. Gerne auch mal länger.

Und damit sind sie noch gut bedient; inzwischen ist es bei einigen Fachärzten üblich, Neupatienten gar nicht mehr aufzunehmen. Und das im besten Deutschland aller Zeiten. Ein Deutschland mit Problemen und Macken in allen Bereichen. Selbst Lauterbach hat längst erkannt, das die medizinische Versorgung in Deutschland längst nicht mehr führend ist: Das Geld reicht hinten und vorne nicht mehr, obwohl regelmäßig die Beiträge steigen, Medikamentenengpässe sind an der Tagesordnung, Kliniken und auch Praxen schließen und anderes mehr. Nur gut, das da der Hausarzt helfen kann.

Damit sie ihre akute Krankheit nicht erst in 3 Monaten behandeln lassen können, wo diese längst chronisch, selbst ausgeheilt oder weitere Schäden im Körper angerichtet hat, gibt es ja den Dringlichkeitscode oder Hausarztvermittlungsfall. Die schnellste Methode ist eben dieser Hausarztvermittlungsfall. In der Regel macht der Hausarzt direkt bei einem Facharzt einen Termin für den Patient, der selten länger als 7 – 10 Tage dauert, aber schonmal kürzer. Ist es nicht ganz so dringend gibt es einen Dringlichkeitscode. Klingt eilig bedeutet es aber nicht. Der Dringlichkeitscode berechtigt sie, bei der bundeseinheitlichen Hotline anzurufen, ihr Bundesland auszuwählen und dann mit einer Vermittlungsstelle für einen Facharzt verbunden zu werden.

Der Code berechtigt sie, einen schnelleren Termin zu bekommen, wenn denn einer verfügbar ist. Je seltener ihre Facharztrichtung, desto größere Anfahrtszeiten müssen sie in Kauf nehmen, damit sie den Termin zeitnah bekommen. Was viele Patienten nicht wissen: Die Ärzte MÜSSEN ein gewisses Kontigent von Dringlichkeitsterminen vorhalten. Das bedeutet, wenn sie selbst den Facharzt anrufen, werden sie eventuell gar keinen oder einen Termin in 3 – 4 Monaten bekommen; rufen sie die Hotline an und fragen nach diesem speziellen Arzt, kann es sein, daß der Termin plötzlich schon in einer Woche ist.

Aber die Hotline ist keine Wundernummer gegen Kummer, sondern bringt weiteren Kummer mit sich. Die erste Hürde ist erst einmal, überhaupt durchzukommen. Es kann nämlich passieren, das sie überhaupt nicht warten können, weil angeblich zu viele Patienten gerade anrufen. Doch dann die Ansage, ihnen wird gleich weitergeholfen, nur noch 8 Minuten Wartezeit. Woher diese Zeitansage kommt, ist für mich ein Rätsel. Wir haben heute die Hotline innerhalb von 3 Stunden 5x angerufen: 3x kam die Ansage, das wir nicht warten können und wir wurden rausgeschmissen aus der Leitung. Einmal kam die Ansage 8 Minuten Wartezeit und nach 30 Minuten immer noch kein Gespräch, wir haben aufgelegt.

Beim zweiten Mal die Ansage 17 Minuten Wartezeit und nach sage und schreibe 51 Minuten immer noch nix, wieder aufgelegt. So stelle ich mir eine Dringlichkeit nicht vor. Warum sich das dahinter stehende Computersystem zur Berechnung der Wartezeit derart verhaut bleibt das Geheimnis des genutzten Callcenters. Doch die Problematik geht ja weiter. Entscheiden sie sich für die Option, selbst direkt online einen Facharzttermin zu buchen, Vorsicht! Warum sage ich gleich. Sie geben ihren Dringlichkeitscode ein, danach ihre PLZ. Jetzt entscheiden sie sich für den km – Bereich, den sie bereit sind zu fahren, um einen Termin wahrzunehmen. Und da kann es passieren, das bei einem zu kleinen Radius gar keine Termine verfügbar sind.

Es wird ihnen dann angeboten, nochmal in einer Woche reinzuschauen, weil wieder neue Termine verfügbar sind. Aber die Falle: Haben sie einmal den Code eingegeben, ist der verbraucht. Und buchen sie aus Unkenntnis einen falschen Facharzt, weil sie. z. B. gar nicht wissen welcher Arzt welches MRT durchführt, haben sie unter Umständen Pech gehabt. Allerdings ist dieser Service in Deutschland die einzige Möglichkeit, um sicherzustellen, das sie einigermaßen zeitnah, einigermaßen räumlich nahe überhaupt noch einen Facharzttermin bekommen, einige Fachärzte geben an Neupatienten keine Termin mehr ab.

Über die Problematik des Gesundheitssystems und Termine habe ich mit dem Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachen in Hannover gesprochen. Hier die Ergebnisse in Kurzform: Alle Ärzte werden einmal im Monat aufgefordert, ihre Termine für Patienten mit Dringlichkeitscode abzugeben. Je spezialisierter eine Fachrichtung, desto weniger Termine liegen vor, so kann es vorkommen, das in der ersten Woche schon alle Termine für den ganzen Monat verbraucht sind. Bedeutet: Je nachdem wie früh oder spät im Monat ein Termin erforderlich ist, kann dieser schon einen Tag später bis mehrere Wochen später sein. Sogenannte Pflichtterminanzahl sind 5 Termine pro Monat, natürlich gerne mehr.

Die Nachfrage an Facharztterminen steigt jährlich an, derzeit noch bleibt die Anzahl der Facharztpraxen relativ konstant, aber das Durchschnittsalter ist 55 Jahre und in den nächsten 15 Jahre werden rund 30 % ausscheiden diese aber diese Lücke nicht gefüllt werden, weil viele Beginner eher in ein Krankenhaus oder MVZ tätig werden als eine Einzelpraxis zu eröffnen mit hohem Risiko. Es ist derzeit von rund 100 fehlenden Facharztpraxen und rund 500 Hausarztpraxen allein in Niedersachsen die Rede. Zusätzlich sind in Deutschland im Jahr deutlich mehr Arztbesuche als im Schnitt anderer EU Länder zu verzeichnen. Während 5 Arztbesuche im EU Ausland sind, ist die Zahl in Deutschland mit 19 x im Jahr fast 5x so hoch.

Allerdings kommt diese Zahl nicht dadurch zustande, das Deutsche 4x so krank sind, sondern sorgen auch gesetzgeberische Vorschriften dafür, das Termine „ verstopft „ werden, so der Sprecher. Denn: Bei Lebensversicherungen, Kinderkrankheiten bei Kindergartenbesuch usw. seien Atteste, umfängliche Untersuchungen in zeitlicher Abfolge erforderlich, ohne das Änderungen im Krankheitsbild in Sachen Versicherung zu verzeichnen sind. Als großen Punkt sehe ich die Anträge auf Erwerbsminderungsrente. Schon bei Antragsstellung muß ein regelmäßiger Arztbesuch bei den angegebenen Krankheiten teilweise über Jahre nachgewiesen werden, normalerweise einmal pro Quartal.

Völlig unabhängig ob es sich um eine chronische dauerhafte Krankheit handelt oder ein derzeitiges akutes Bild. Wenn man sich die Antragszahlen und abgelehnten Anträge anschaut, stehen ca. 340.000 Anträgen rund 168.000 Ablehnungen gegenüber. Diese 168.000 besuchen dann im Zweifelsfall wieder Ärzte um neue Atteste zu bekommen und für den Widerspruch einzureichen. So werden Hunderttausende alleine durch Vorschriften im Kreislauf der verpflichtenden Arztbesuche gehalten. Denn auch die bewilligten haben ja weiter ihre Arztbesuche zu machen.

Und wir wollen nicht vergessen, das aufgrund der medizinischen Unterversorgung insbesondere Migranten aus Afrika, aber auch Afghanistan und Syrien teilweise in gesundheitlich bedenklichen Zuständen nach Deutschland kommen und nicht selten monatelang zu Ärzten geleitet werden, um ihren Gesundheitszustand erst einmal auf ein normales Niveau zu bringen. Und bei rund 7 Millionen Neuzugängen seit 2015, täglich zunehmend, dazu die Schwerverletzen aus der Ukraine, woher soll denn das alles kommen ?

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