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MH Broussard – Der Buschflieger

Verantwortlicher Autor: Andi Schmidt München (D), 08.11.2018, 00:01 Uhr
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Max Holste MH-1521 Broussard, Hahnweide 2011
Max Holste MH-1521 Broussard, Hahnweide 2011  Bild: Andi Schmidt www.andi-schmidt-aviation.de

München (D) [ENA] *MH* steht für Max Holste. Obwohl der Name so deutsch klingt, war sein Erbauer ein Franzose. Dieses Flugzeug wurde für die französische Armee entwickelt und gebaut. Ab 1952 diente die Maschine als leichtes Verbindungs- und Beobachtungsflugzeug. Noch heute sind wenige Einheiten voll flugtauglich.

Insgesamt wurden 366 Exemplare zwischen 1952 und 1961 gebaut. Ausgelegt mit sechs Sitzplätzen ist dieses einmotorige Mehrzweckflugzeug sogar *STOL*-tauglich. *Short Take-Off and Landing* bedeuten bei dieser Maschine eine Startrollstrecke von etwa 380 m und die Landerollstrecke beträgt ca. 500 m. Erreicht werden die beachtlichen Werte mit der Leistung des 450 PS starken 9-Zylinder-Kolben-Sternmotors von *Pratt & Whitney*aus den USA, extra neu aufgelegt für dieses französische Flugzeug. Mit diesem starken, aber sehr lautem Triebwerk mit 16 L Hubraum erreicht die *Broussard* ein Maximaltempo von annähernd 300 Stundenkilometer.

Degerfeld 2018
Degerfeld 2018
Degerfeld 2018

Nahezu unverwüstlich durch robuste Bauweise

Im Landeanflug ist eine Reduzierung der Geschwindigkeit bis zu 90 km/h möglich, ohne die Gefahr eines Strömungsabrisses zu erleiden. Als durchschnittliche Reisegeschwindigkeit beträgt der Messwert etwa 180 km/h und mit 2x 220 Litern Tankinhalt in den Tragflächen erreicht der Aktionsradius eine Strecke von 1200 Kilometer bis zum nächsten Betanken. Durch die sehr robuste Bauweise des Ganzmetallflugzeuges ist die Anforderung bezüglich der Beschaffenheit der Rollpiste eher zweitrangig. Selbst grobe Schotterpisten oder eine pure Grasfläche steckt das starre, jedoch ungefederte Fahrwerk inklusive Spornrad nahezu mühelos weg.

Durch dieses unkomplizierte Handling sind die drei in Deutschland betriebenen *Max Holste Broussard* gern gesehene Gäste bei Flugplatzfesten und Oldtimer-Flugtagen. Und der Betrieb dieser Maschine ist unüberhörbar. Im Klangbild steht es der weit größeren russischen Antonov AN-2 in nichts nach. Wahrscheinlich sogar ein paar Dezibel mehr bei Volllast des Motors während der Startphase. Bei einem Mitflug sollte der Co-Piloten-Sitz ausgewählt werden, da dieser mit einem Kopfhörer/Headset ausgerüstet ist.

Tannheim 2009
Tannheim 2009
Hahnweide 2009
Hahnweide 2009
Hahnweide 2011
Hahnweide 2011

Rarität in der heutigen Zeit

Seit vielen Jahren befindet sich eine *Broussard* im Besitz von Bernd Axenbeck Sky Services Ltd. aus Bad Rappenau (Baden Württemberg). Zuvor war eine kanadische *Beaver* bei ihm im Einsatz. Mit viel Humor berichtet Bernd, dass das zuvor bei Rundflügen erlangte Geld fast nahezu komplett für die Betankung seines Oldtimers draufgeht. Reich wird er durch die Fliegerei nicht, doch man spürt deutlich seine Leidenschaft und den Enthusiasmus im Fliegen der seltenen *Broussard*. Durch die linke seitliche Schiebetür ist sein *Buschflieger*ebenfalls für Fallschirmspringer geeignet. Zu den wieder in 2019 stattfindenden *Oldtimer-Treffen Hahnweide* in Kirchheim unter Teck wird man seine *Max Holste MH-1521 Broussard* sicher wieder live erleben können.

Hahnweide 2013

Biografie Max Holste, Quelle: Wkipedia (engl.Version)

Max Holste (13. September 1913 in Nizza - 19. August 1998 in Toulon) war ein französischer Luftfahrtingenieur und Gründer eines gleichnamigen Flugzeugherstellerunternehmens im französischen Reims (heute Reims Aviation). Seine Firma entwickelte und produzierte zahlreiche zivile und militärische Kolbenmotorflugzeuge, darunter die berühmte *Broussard MH-1521*. Er war auch einer der leitenden Ingenieure des brasilianischen *Embraer Bandeirante-Projekts*. Einer der frühen Flugzeuge von Holste, der MH52, war bei Wettbewerben erfolgreich; basierend auf diesem Erfolg entwickelte Holste ein Hochflügel-Nutzflugzeug mit Radialmotoren, aus dem die *Broussard* wurde.

Das Unternehmen verzeichnete aufgrund der hohen Nachfrage des französischen Militärs während des Algerienkrieges gute Verkäufe der *Broussard*. Die französische Regierung verhinderte jedoch wirksam den Export des Flugzeugs. Holste plante, das Design zu verbessern, zuerst als Doppelkolben-, dann als Zweiturbinenversion, aber zu spät: Der Umsatz sank, da der Flugzeugtyp zu veraltet war. Holste ging in den Ruin und seine Fabrik wurde von seinem Partner aus dem Zweiten Weltkrieg, Pierre Clostermann, ausgestattet mit Kapital aus Cessna, übernommen und in Reims Aviation umbenannt.

Holste verließ Frankreich 1964 nach Brasilien, wo er Kontakte von früheren Broussard-Verkaufsbesuchen hatte. Brasiliens aufstrebende Luftfahrtindustrie begrüßte den Designer als Star. Er erfüllte eine Regierungsaufforderung als leitender Designer für das *Bandeirante-Projekt*, das vier Jahre später erstmals flog. Unglücklich gründete er seine eigene Firma und lebte in den folgenden Jahren in benachbarten Ländern. Wieder ruiniert, vor kurzem geschieden und mit seinen Kindern keinerlei Kontakt, kehrte er 1995 mit einer südamerikanischen Krankenschwester im Alter von 82 Jahren nach Frankreich zurück. Er starb 1998 in absoluter Anonymität und wurde in Hyères bestattet. Berichten zufolge nahm niemand an seiner Beerdigung teil.

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