
Gedanken zur Metaphysischen Abhandlung von G.W. Leibniz
Wien [ENA] Mit unwahrscheinlicher Behutsamkeit, nur mit der Macht des philosophischen Denkens ausgerüstet, wagt sich der geniale Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz an den im 17. Jahrhundert mit Argusaugen bewachten Gottesbegriff der christlichen Kirchen, die ganze Heere von Theologen beschäftigte, damit auch nicht die kleinste Umdeutung, dass so mühsam aufgebaute theologische Gebäude ins Wanken bringen könnte.
Schon im ersten Absatz der Metaphysischen Abhandlungen, die er am 11. Februar 1686 an den Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels sandte, stellt Leibniz eigentlich in keiner Weise die Existenz Gottes als vollkommenes Wesen in Frage und zeigt damit vielleicht auch, wie wohlig eingebettet sich der Mensch noch Im Bewusstsein eines Gottes gefühlt haben muss, eines Schöpfers, der den Kosmos auf seinen Schultern trägt und sich in der Liebe zum Menschen verschwendet. Leibniz wäre nicht der große Philosoph und Mathematiker, wenn er nicht den Begriff der göttlichen Vollkommenheit einer Prüfung unterzogen hätte und dabei zu dem Schluss kam, dass es ja in der Natur mehrere völlig verschiedene Vollkommenheiten gibt, die ja Gott alle besitzen muss.
Als Beispiele nennt er die Zahlen und Formen, die trotz ihrer potentiellen Größe keine Vollkommenheiten sein können, da ja sogar die größte aller Zahlen angeblich noch einen Widerspruch enthalten kann. Demgegenüber sind das Wissen und die Allmacht im Besitz eines göttlichen Wesens,, niemals dem Unmöglichen ausgesetzt. Interessant ist, welchen Schluss Leibniz daraus zieht, wenn er für eine geistige Annäherung an die grenzenlose göttliche Weisheit durch Aufklärung plädiert und nimmt damit den langen und nicht ganz ungefährlichen, steinigen Weg der Wissenschaft vorweg, der uns letztendlich ins 21.Jahrhundert katapultiert hat mit seinen erstaunlichen wissenschaftlichen und technischen Erfindungen.