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"Barbiemania" - mit Barbie durch dünn und dick?

Verantwortlicher Autor: Birgit Sesselmann Traunstein, 30.07.2024, 10:36 Uhr
Fachartikel: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 5876x gelesen

Traunstein [ENA] Barbie und Ken… Der Barbie-Film ließ 2023 die Kinokassen klingeln und hat gleich zwei Rekorde aufgestellt: Kein Film hat am Eröffnungswochenende so viel Geld eingespielt und noch nie zuvor hat ein Film von einem weiblichen Regisseur (Greta Gerwig) diese Summen umgesetzt. Der Film zeigt auf, dass der Schlüssel zum Glück der Glaube an sich selbst ist, frei von der Verpflichtung sich auf Äußerlichkeiten zu beschränken.

Einem aktuellen gesellschaftlichen Trend zufolge sprechen wir immer häufiger von einem selbstbestimmten individuellen Wohlfühlgewicht. Die Body Positivity Bewegung setzt sich für die Abschaffung von unrealistischen Schönheitsidealen und diskriminierender Schönheitsvorstellungen immer mehr durch. Diese Initiative möchte vermitteln, dass, unabhängig von der Körperform, jeder Körper schön ist. Wichtige Forderungen sind u.a. Selbstakzeptanz, Selbstliebe, soziale Gerechtigkeit und Diversität. Entstanden ist die Bewegung in den Vereinigten Staaten aus dem Fat Acceptance Movement.

Nachdem in den Medien und in der Werbung bis vor wenigen Jahren ausschließlich Platz für schlanke Körper war, treten immer mehr Plus-Size-Models auf dem Catwalk, in den sozialen Medien sowie im Fernsehen in den Vordergrund. Weiterhin werden „Unperfektheiten“ wie zum Beispiel Cellulite nicht mehr auf Bildern wegretuschiert und auch in der Social-Media-Welt stehen Menschen immer mehr zu ihrem tatsächlichen Aussehen. U.a. lassen Positivity Influencer verlauten, dass ihr Übergewicht unbedenklich sei und sie ihren Körper so annehmen wie er ist.

Ein weiterer Schritt ist der Weg zur Body Neutrality Bewegung. Sie möchte den Blick vom äußeren Erscheinungsbild abwenden. Anhänger dieser Sichtweise möchten sich von dem Druck befreien, den (unvollkommenen) Körper unter allen Umständen zu lieben. Sie möchten das Selbstwertgefühl nicht vom Aussehen abhängig machen. Stattdessen geht es ihnen darum, den Körper zu respektieren und ihn frei von einer wertenden Ästhetik zu betrachten.

Gleichzeitig steht unsere Gesellschaft aufgrund einer Adipositas-Epidemie und der daraus resultierenden Folgeerkrankungen vor einer zukünftig großen gesundheitspolitischen sowie wirtschaftlichen Herausforderung. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat Adipositas bereits 1997 als chronische Krankheit anerkannt. Weiterhin erklärte die WHO die Adipositas zu einem großen globalen chronischen Public-Health-Problem. Laut einer Prognose der World Obesity Federation könnte die weltweite Zahl von Menschen mit Übergewicht oder Adipositas bis zum Jahr 2035 auf knapp über vier Milliarden anwachsen. Im Jahr 2020 belief sich die weltweite Anzahl auf rund 2,6 Milliarden Menschen.

Der wichtigste Indikator für Adipositas ist der BMI (Body-Mass-Index). Für Erwachsene ist der BMI bis heute ein übliches Maß zur Beurteilung der Körpermasse im Verhältnis zur Körpergröße und wird nach einer einfachen Formel berechnet: Körpergröße in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern. Übergewicht beginnt ab einem BMI von 25, als adipös gilt ein BMI ab 30. Die Diagnose Adipositas wird anhand des BMI in drei Schweregrade unterteilt. Adipositas Grad I ab einem BMI von 30, Adipositas Grad II ab einem BMI von 35 und Adipositas Grad III (Adipositas permagna) ab einem BMI von 40.

Adipositas ist nicht nur eine Frage des äußeren Erscheinungsbildes sowie der Ästhetik. Adipositas bringt u.a. ein gesteigertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2, immobilisierende Gelenkserkrankungen, Leberprobleme, Atemnot, Schlafapnoe, bestimmte Krebsarten mit sich. Weiterhin kann die Erkrankung psychische Probleme, u.a. Depressionen auslösen. Letztendlich muss eine niedrigere Lebenserwartung in Kauf genommen werden.

Trotz der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf verschiedenartige Körperbilder besteht bei adipösen Menschen häufig der Wunsch abzunehmen. Sie fühlen sich nicht mehr wohl in ihrer Haut und leiden unter gesundheitlichen Beschwerden. Viele starten motiviert und wollen möglichst schnell abnehmen. Aber im Regelfall fällt es schwer bestimmte Abnehmprogramme durchzuhalten. Eine noch größere Herausforderung ist es, längerfristig das Wunschgewicht zu behalten.

Ernährungspläne, spezielle Diäten, eine Vielzahl von Bewegungsprogrammen, Medikamente sowie sonstige angebliche Wundermittel überschwemmen den Markt, bedürfen aber bzgl. ihrer realistischen Umsetzungsmöglichkeiten, Nebenwirkungen und ihrer langfristigen Behandlungserfolge einer kritischen Betrachtung. Auch der für ursprünglich Diabetiker entwickelte Wirkstoff Tirzepatid, der neu in Form von Abnehmspritzen zu kaufen ist, sollte keine zu hohen Erwartungen wecken.

Neue Ansatzpunkte für die Behandlung von Adipositas liefern weiterhin internationale Forschungsergebnisse. Diese ergeben, dass die Mutationen eines bestimmten Gens mit dem Namen ALK oder Anaplastic Lymphoma Kinase mit einer erhöhten Fettverbrennung sowie einer Glukosetoleranz in Verbindung steht und zu einer genetisch determinierten schlanken Linie führen kann. Wie groß der dadurch erzielte verstärkte Fettabbaueffekt dieses einzelnen Gens ist, wird in laufenden Studien erforscht.

Grundsätzlich sind Initiativen positiv zu sehen, die sich von unrealistischen Schönheitsidealen befreien und heterogenen Erscheinungsbildern Raum geben. Andererseits darf dies nicht dazu führen, dass Adipositas sowie daraus resultierende Folgeerkrankungen verharmlost werden. Zwischenzeitlich gibt es verschiedene Barbies: dunkelhäutige, „kurvige“, kleine und große – allzu üppige Puppen können allerdings die Problematik Adipositas verharmlosen. Und ein fehlendes Problembewusstsein würde niemandem helfen.

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