Mittwoch, 24.04.2024 02:51 Uhr

Gedanken zu Nicolai Hartmann

Verantwortlicher Autor: Schura Euller Cook Wien, 24.06.2020, 08:57 Uhr
Kommentar: +++ Special interest +++ Bericht 9542x gelesen

Wien [ENA] Wenn sich Nicolai Hartmann über "Zeit und Substantialität" Gedanken macht, entsteht ein philosophisches Gebäude, dass in seiner Komplexität an einen Kristall erinnert in dem sich Reinheiten und Unreinheiten spiegeln. Sorgfältig und genau webt er an seinen feinen Theorien und jongliert Begriffe in atemberaubender Intensität zu immer neuen Mustern und Bildern. Zeit und Substanz geht uns vielleicht alle an.

Kein Wunder also, dass wir darüber nachdenken und in der Endlichkeit der Zeit auch einen unsäglichen Schmerz empfinden. Nicht umsonst spricht der deutsche Philosophieprofessor Nicolai Hartmann, geboren 1882, in seinem Aufsatz "Zeitlichkeit und Substantialität" von der "Abneigung gegen die Vergänglichkeit" in der Philosophiegeschichte. Die Erkenntnis, dass die eigene Endlichkeit einem alles wieder entreißt, die Flüchtigkeit des Glücks und die Sterblichkeit legen einen "Schleier von Trauer und Dunkel über das Leben." Hartmann antwortet darauf eigentlich oft psychologisch und stösst damit die Metaphysik in die "Niederungen" der Psychologie, indem er das "Ewige" als psychologisches Konstrukt entlarvt, dass aus einer Todesangst geboren ist.

Schon Platons Versuch ewige Urbilder als das wahrhaft Seiende anzunehmen sind für ihn Formen der Weltflucht. Seit der Antike verschlingen sich Wahrheit und Irrtum in den geschichtlichen Motiven des Substanzgedankens meint Hartmann. Hat er damit Recht? Ist aber die Suche nach einem Ewigen, Bleibenden und Göttlichen nicht einer der vornehmsten, aber auch verzweifelsten Anliegen der Menschheitsgeschichte? Zweifelsohne ist der Verlust der "Ewigkeit" als Zeitbegriff tragisch und es stellt sich die Frage, ob uns die nüchterne und psychologische Analyse der Zeit in den modernen Wissenschaften, die die Suche nach dem Ewigen als Spuk bezeichnet, nicht in eine nihilistische Krise stürzt, die uns in die Arme des Aberglaubens und des Mythos treibt.

Für den Artikel ist der Verfasser verantwortlich, dem auch das Urheberrecht obliegt. Redaktionelle Inhalte von European-News-Agency können auf anderen Webseiten zitiert werden, wenn das Zitat maximal 5% des Gesamt-Textes ausmacht, als solches gekennzeichnet ist und die Quelle benannt (verlinkt) wird.
Zurück zur Übersicht
Info.