Othmar Peter Hartmann "Feminismus"
Wien [ENA] Warum heißt dieses kleine Ölgemälde von Othmar Peter Hartmann "Feminismus" werden sich vielleicht einige fragen. Denn eigentlich sieht es auf den ersten Blick wie eine abstrakte Figur aus, die in Blutrot und Weiß gehalten ist. Bei näherer Betrachtung lässt sich eine androgyne Gestalt erkennen.
Bei dem Bild, von weiter entfernt gesehen, könnte es sich auch um das "Innenleben" einer Frau handeln, deren Geschlechtsorgan personifiziert und nicht eindeutig weiblich, sondern androgyn dargestellt ist. Der jüdische Philosoph geht in seinen "Dialoghi d'amore" (1535) auf den Platon Mythos von den Kugelmenschen ein und sieht im Adam, den platonischen Androgynos und den Mond als Symbol der mannweiblichen Seelennatur des Urmenschen. Wahrscheinlich wurde das Innenleben einer Frau in der bildenden Kunst noch niemals derart philosophisch überhöht dargestellt. Insofern hat dieses Bildnis durchaus auch mit der heutigen, heftig geführten Feminismusdebatte zu tun, die durchaus Sexualität immer wieder thematisiert und damit politische Furore macht.
Feministische Bewegungen kämpfen für eine politische und ökonomische Teilhabe, aber auch um sexuelle Selbstbestimmung und Identität. Auch der Maler Hartmann sieht das Weibliche im Wesentlichen androgyn, weil er es gewissermaßen auch seelisch fasst. Das biologische Geschlecht ist Teil einer spirituellen Übergeordnetheit, wobei die Urform der Sexualität durchaus auch als die "Große Göttin" angedeutet ist. Gender, oder das soziale Geschlecht, ist als kritisches Element bei ihm nicht explizit thematisiert, sondern ist Teil einer klassischen Tradition der Malerei. Ob sich dabei der gynozentrische Feminismus einer Iris Marion Young (1985), der die fehlende Würdigung der weiblichen Subjektivität kritisiert findet, entscheidet wohl der Betrachter.