Gedanken zu Abraham a Sancta Clara
Wien [ENA] Auch der berühmte Prediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709) musste sich während eines Pestausbruchs in Wien monatelang in Quarantäne begeben. Er nutzte die Zeit um über den Tod in seinem Buch "Merck's Wienn!" zu reflektieren. Nun, schreiben und predigen war für ihn eigentlich eine Herzensangelegenheit, denn schon lange begeisterte er mit seinen fast populistischen, oft derben Sprüchen und Parabeln.
Er war gewissermaßen ein Naturtalent und ein Priester, der trotz der oft "geisttötenden" Theologie in den Priesterseminaren seine naturwüchsige Sprache behalten hat. Schon 1652 fiel dem Dorfpfarrer die Intelligenz des 8jährigen Jungen auf und er sorgte dafür, dass Abraham die Schloßschule in Meßkirch in Deutschland besuchen konnte. 1662 trat er ins Kloster Maria Brunn bei Wien ein und erhielt vier Jahre später die Priesterweihe in der Augustinerkirche in Wien. Nach seiner Predigt vor dem kaiserlichen Hofstaat 1673, ernannte ihn Kaiser Leopold I. zum Hofprediger. Seine Predigen und Parabeln sind legendär. Sie geißeln immer wieder die Dummheit in ihren vielen Varianten wie in seiner Schrift "wunderlichen Traum von einem großen Narren-Nest".
Darin zieht er schonungslos über menschliche Schwächen und Laster her und prangert sarkastisch und doch amüsant Geiz, Zorn, Verliebtheit, Trunksucht, Faulheit oder Eifersucht an. Seine Sprache ist nicht hoheitsvoll herablassend, sondern bleibt immer volkstümlich. Damit schaffte er sich geistige Freiräume, die ihn zu einem Unikat machten. Insofern steht Abraham a Sancta Clara auch für Selbstbehauptung und geistige Freiheit, die über die politischen Konventionen seiner Zeit herausragen. Dass da auch seine sehr herben Seitenhiebe gegen Hexen und Juden heute jenseits von "political correctness" gesehen werden, ist verständlich. Teilweise geht er nämlich sehr locker mit dem Alten Testament um, was zu Fehlinterpretationen führen kann.